Donnerstag, 9. Juli 2015

A wie Angst I ABC eines Schwulen

Seit längerem stelle ich fest, dass immer mehr Menschen ihr eigenes ABC posten. Nachdem ich mir das ein oder andere auch durchgelesen oder auf Youtube angeschaut habe, hatte ich die Idee auch eines zu machen.
Schon länger habe ich den Gedanken mit mir rumgetragen zweimal in der Woche einen Beitrag zu posten und nun weiß ich auch womit. So ein ABC kann man schließlich gut vorbereiten und man hat nicht all zu viel Stress, sodass ich mich auch weiterhin auf die Uni konzentrieren kann.
Bei 26 Buchstaben im Alphabet wären es also 26 Beiträge. Bei einem zusätzlichen Post in der Woche also 26 Wochen und somit schonmal ein halbes Jahr gefüllt.

Fangen wir also an mit Buchstabe A.
Für mich stand direkt fest, dass ich in diesem Beitrag das Thema Angst aufgreifen möchte. Angst hatten, haben und werden wir immer haben. Auch wenn jemand ganz cool tut und meint, dass er vor nichts und niemandem zurückschrecken wird. Er wird auch schonmal Angst gehabt haben. Angst ist nämlich ein Grundgefühl des Menschen. Etwas, was sich nicht so leicht abstellen lässt.


"Angst. Ein Gefühl, welches sich in als bedrohlich empfundenen Situationen als Besorgnis und unlustbetonte Erregung äußert. Auslöser können erwartete Bedrohungen der körperlichen Unversehrtheit, der Selbstachtung oder des Selbstbildes sein."

Angst ist also vollkommen normal. Ohne diesen Instinkt würden wir heute wohl nicht mehr leben. Durch ihn können wir Gefahren erkennen und diesen aus dem weg gehen. Angst, dafür muss sich niemand schämen und dennoch tun wir es. Immer wieder wird uns vorgegaukelt, Angst sei eine schwäche.
Ein kleines Beispiel dazu:
Gehen wir davon aus ein Gruppe von Menschen müsste eine Hängebrücke überqueren. Wie es die Situation will, die Brücke hängt nun schon länger dort und scheint auch reparaturbedürftig zu sein. Natürlich gibt es in jeder Gruppe mindestens einen der sich super toll fühlt und den Anderen zeigen möchte, dass die Brücke auch weiterhin dort hängen wird. Ohne groß zu überlegen macht er sich also auf die Brücke. Wie jede Hängebrücke bewegt sich auch diese hin und her. Sie macht ein paar Geräusche aber alles scheint in Ordnung zu sein.
Ich hingegen fühle mich nicht ganz wohl bei der Geschichte und bleibe erstmal auf festem Boden. Mein Instinkt sagt mir, dass an der Brücke irgendetwas faul ist. Ich habe ein komisches Gefühl im Bauch. Ich habe angst diese Brücke zu benutzen.
Inzwischen haben sich auch schon ein paar andere auf die Brücke getraut. Alles scheint in Ordnung zu sein. Bis plötzlich eines der Bretter unter dem Gewicht der ersten Person zerbricht. Demjenigen, der scheinbar keine Angst hat. Alles ist in heller Aufregung. Das Adrenalin schießt durch den Körper.  Er kann sich aber noch halten. Schnell kommen ihm ein paar andere zu Hilfe. Zum Glück ist nichts weiter passiert.
Meine Angst war also durchaus berechtigt. Es war keine Schwäche, wie es manch einer gerne sagt. Ich wollte eben kein Risiko eingehen. Wer weiß schon was sonst noch alles hätte passieren können.

Wer ein paar meiner Beiträge kennt, weiß, dass auch ich mich mit Ängsten und sorgen rumgeschlagen habe und es auch heute teilweise noch tue.
Meine größte Angst war dabei wohl die schwul zu sein. Ich wollte nicht jemand sein, auf den man herab sieht. Ich wollte nicht als etwas abgestempelt werden, was ich vielleicht gar nicht war. Zudem gab es nur eine Szenenkneipe in der Umgebung, sodass auch der Kontakt zu anderen LGBTI kaum bis gar nicht vorhanden war. Ebenso sah sich die Schule nicht in der Pflicht einen Aufklärungsunterricht zu diesem Thema abzuhalten. Somit konnte sich auch auf diesem Schulhof schwul als Schimpfwort #1 etablieren.
Mir als betroffener hat dies natürlich nicht geholfen. Ich habe mich über Jahre hinweg mit den Ängsten herumschlagen müssen eventuell schwul zu sein. Die Folgen: Ich habe mich immer weiter zurückgezogen. Meine schulischen Leistungen ließen nach. Bis ich nur noch vor mich hin vegetierte.

Aus heutiger Sicht bedauere ich es, dass ich nicht schon früher zu meiner Homosexualität gestanden habe. Manchmal beschleicht mich das Gefühl etwas verpasst zu haben, weil die Angst in mir die Macht hatte und nicht ich. Heute kenne ich wer weiß wie viele LGBTI und bei allen hätte ich nie erwartet, dass die schwul, lesbisch, bi oder Trans sein könnten. Vorurteile stimmen eben nur selten. Aber eben diese machen es einem unter anderem so schwer. Ich glaube wenn LGBTIs in der Gesellschaft und der Politik mehr Anerkennung ernten, dann würden auch mehr Menschen zu ihrer sexuellen Orientierung stehen. Zugleich können so Vorurteile abgebaut werden und auch die ein oder anderen Berührungsängste.

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