Montag, 8. Juni 2015

Selfie - Ein ganz besonderes Foto

Es ist doch immer wieder überwältigend wie viele junge Menschen dem Selfie-Wahn verfallen sind. Solch ein Bild wird zu jeder Zeit an jedem Ort gemacht. Es gibt nur eine Bedingung: Man muss selbst auf dem Bild zu erkennen sein. Die Botschaft welche hier vermittelt wird ist "ich war hier!" Ich war am Eiffelturm. Ich war in Rom am Kolosseum. Ich war am Time Square. Ich war in London. Ich ich ich ich ich.
Irgendwie beneidenswert was für ein Selbstbewusstsein die Generation Selfie haben muss. Sie erkennen eine Sehenswürdigkeit, posieren vor der Kamera und laden das Bild in diversen Netzwerken hoch. Es soll schließlich jeder sehen wo sie gewesen sind. Irgendwann schaut man durch seine Bildergalerie und alte Erinnerungen werden wach. Die Klassenfahrt nach London. Der Urlaub in Rom. Der Städtetrip nach New York. Die Fahrt nach Paris, der Stadt der Liebe. Dieser wundervolle Kuss vor dem Eiffelturm.
Aber was ist das denn? Wo habe ich denn dieses Foto gemacht? Daran kann ich mich gar nicht erinnern. Die Person da bin ich, aber wo? Der Hintergrund sagt mir gar nichts. Naja, muss schön gewesen sein. Ich sehe immerhin fröhlich aus.

Die Generation Selfie. Es vergeht wohl kaum ein Moment, an dem keines gemacht wird. Es ist wie eine Sucht die einen ergreift. Nicht nur Sehenswürdigkeiten werden mit abgelichtet. Nein, Selfies entstehen an jedem noch so abgelegenen Ort. Selbst dort wo man es nicht vermuten würde. Inzwischen kann man sogar einen kompletten Toilettenführer herausbringen welcher ausschließlich aus Selfies besteht. Manchmal habe ich sogar das Gefühl das Badezimmer meines Nachbarn öfter zu sehen als mein eigenes.

Selfies verändern den Blick auf die Welt


Erstaunlich wie sehr sich in den vergangenen Jahren alles verändert hat. Als ich noch klein war gab es Kameras in denen man noch einen Film einlegen musste. Fotos wurden da eher selten gemacht und wenn, dann war eine Sehenswürdigkeit drauf zu sehen oder es gab eine große Familienfeier. Die Fotos konnte man sich auch nicht direkt anschauen. Nein, man musste zum nächsten Fotogeschäft und den Film dort entwickeln lassen. Wenn man Glück hatte, sind die Bilder gut geworden, wenn nicht, war die ganze Mühe umsonst.
Inzwischen gibt es nicht nur Digitalkameras, bei denen man sich die Bilder sofort anschauen kann und anschließend über den PC ausdrucken kann. Es gibt sogar Handys, Smartphones und Tablets mit einer eingebauten Kamera. Es gibt ganze Programme um die Bilder nachträglich zu bearbeiten. Und nicht zu vergessen ganze Netzwerke welche sich auf die Verbreitung von Fotos spezialisiert haben. Das Zeitalter der Selfies hatte begonnen.
Nach und nach verschwanden die Fotostrecken bei denen kein oder nur selten ein Mensch zu sehen war. Die Prioritäten haben sich geändert. Früher war noch der Eiffelturm oder das Kolosseum ein Bild wert. Heute hingegen muss es ein Selfie sein. Ich selbst muss auf dem Bild zu sehen sein. Die eigentliche Attraktion befindet sich im Hintergrund. Diesem wird aber kaum Beachtung geschenkt, denn das wichtige spielt sich im Vordergrund ab und da stehen nunmal ich. ICH, die neue Attraktion.

Aber an was werde ich mich erinnern, wenn ich dieses Bild sehe? Welche Gefühle werden in mir hoch kommen? Was macht eben dieses eine Bild so besonders?

Erinnern werde ich mich wohl nur an eben den Moment an dem ich das Foto gemacht habe. Ich, mit dem Rücken zur eigentlichen Attraktion, pose für die Kamera. Vielleicht war ich in diesem einen Moment tatsächlich glücklich. Vielleicht kann ich mich tatsächlich an diesen Moment erinnern. Aber ich werde nie die Zeit haben mir das Kolosseum, den Eiffelturm, den Time Square oder andere Sehenswürdigkeiten genauer zu betrachten. Kaum ist das Bild nämlich gemacht, da geht es auch schon weiter zum nächsten Ort. Es gibt noch so viel zu sehen. Überall muss ein Selfie gemacht werden. Sogar die WC-Räume des Restaurants eignen sich hervorragend. 
Man mag mich für altmodisch halten, aber ich persönlich bevorzuge die guten alten Bilder. Mich stören die ganzen Selfies nicht. Ich finde es beeindruckend zu sehen, wo Freunde, Bekannte und Verwandte überall in der Weltgeschichte umherreisen. Beeindruckender wäre für mich aber eine Person die sich auf die Landschaft konzentriert. Eine Person deren Gesicht nicht oder nur halb zu erkennen ist, jedoch mit all ihren Sinnen der Situation zugewandt. Ein Selfie welches sagt: Ich war hier. Ich habe mir die Zeit genommen die Landschaft zu betrachten. Mir war der Moment wichtig und nicht das Bild.

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