Montag, 28. September 2015

Wir leben im 21. Jahrhundert


Diese Redewendung kennt wohl jeder. Wir alle werden sie schon einmal gehört haben. Ja, vielleicht haben wir sie selbst sogar einmal benutzt. Aber was bedeutet diese Redewendung eigentlich? Wann benutzen wir sie? Was wollen wir damit zum Ausdruck bringen? Was drücken wir überhaupt damit aus?

Wir schreiben das Jahr 2015, bald sogar 2016. Allein diese Tatsache beweist, dass wir im 21. Jahrhundert leben. Daran lässt sich nichts ändern und das werden auch alle wissen. Dennoch kommt es immer wieder zu Situationen in denen wir diese eine Tatsache, dass wir im 21. Jahrhundert leben, gerne zu Gehör bringen. Oft tun wir dies, um aufzuzeigen in was für einer offenen, toleranten und modernen Gesellschaft wir uns doch befinden.
In Wahrheit belügen wir uns aber nur selbst. Es ist zwar durchaus korrekt, dass wir im 21 Jahrhundert leben. Es ist aber ebenso nur eine grobe Zeitangabe wo wir uns in der Zeit befinden. Ein Zeitfenster von 100 Jahren, in denen ganze Generationen geboren werden, aufwachsen und auch sterben.
In all diesen Jahren entwickelt sich die Menschheit weiter. Wissenschaftler und Forscher werden immer wieder Neues entdecken. Der technische Fortschritt ist unaufhaltsam. Besondere Entdeckungen, Erfindungen und Ereignisse werden ganze Generationen prägen. Was die Zukunft bringen mag, dass wird niemand vorhersagen können. Niemand weiß wie unsere Gesellschaft in 25, 50 oder 100 Jahren sein wird. Die Begründung, wir würden im 21. Jahrhundert leben und somit in einer modernen, weltoffenen und toleranten Gesellschaft leben ist demnach hinfällig.

Ja, wir leben im 21. Jahrhundert, aber das ist einzig und allein unserer heutigen Zeitrechnung zu verdanken. Zudem sollte uns auch bewusst sein, dass es gerade einmal die Anfänge des 21. Jahrhunderts sind. Das vorige Jahrhundert ist noch nicht so lange her. Ein Jahrhundert in dem Krieg und Zerstörung wüteten. Ein Jahrhundert, in dem Angst und Schrecken herrschten. Zwei Weltkriege fanden statt, die Kuba-Krise, der kalte Krieg und ständig die Angst vor einem weiteren Weltkrieg. Über Jahre hinweg war Deutschland in Ost und West geteilt. 40 Jahre dauerte diese prägende Phase an. Bis zum 09. November 1989. Der Tag, an dem die Berliner-Mauer gefallen ist und somit auch die Grenze zwischen BRD und DDR geöffnet wurde. Nach Jahren konnten sich alte Freunde, Bekannte und Verwandte endlich wiedersehen, in den Armen liegen und miteinander reden. Eine Nation, ein Land, ein Volk war wieder vereint.

Wir wollen eine moderne, weltoffene und tolerante Gesellschaft sein. Begründen tun wir es aber damit, dass wir im 21. Jahrhundert leben. Wir tun so als ob wir mit jedem Tag, jeder Woche, jedem Monat und jedem Jahr ein Stück toleranter und weltoffener werden. Doch wer wir sind und wer wir werden entscheiden allein wir. Jeder von uns entscheidet selbst, welchen Weg er geht und somit auch, ob er ein moderner, toleranter und weltoffener Mensch ist.

Donnerstag, 24. September 2015

L wie Liebesleben I ABC eines Schwulen

Als ich mir über dieses ABC gedanken gemacht habe, war mir relativ schnell klar, dass es bei dem Buchstaben L um das Thema Liebe bzw. das Liebesleben eines Schwulen gehen sollte. Allerdings habe ich mir nie genauer Gedanken dazu gemacht, um was es genau dabei gehen sollte. Außerdem habe ich das Thema Liebe schon einmal in einem anderen Beitrag behandelt, sodass es unnötig wäre zweimal darüber zu schreiben.
Die logische Schlussfolgerung daraus wäre also, dass es nun um das Thema Liebesleben gehen wird. Aber wen wird das Interessieren? Was könnte man überhaupt dazu schreiben? Was sagt das Liebesleben eines einzelnen schon über eine ganze Gruppe aus? Und warum sollte ich über mein Liebesleben reden? Nur weil ich schwul bin? Habe ich allein aus diesem Grund kein Anrecht mehr auf eine Privatsphäre?

Doch, die habe ich. Jeder hat ein Anrecht darauf über private Angelegenheiten zu schweigen. Was bei mir im Bett passiert, dass geht wohl nur meinen Freund und mich etwas an. So wie es bei jedem anderen Paar auch der Fall ist.
Und dennoch beschleicht mich das Gefühl über das Liebesleben eines Schwulen berichten zu müssen. Es ist nochmal an der Zeit, dass euch jemand sagt, dass Ihr da etwas falsch verstanden habt. Denn in der Liebe und dem Liebesleben geht es nicht nur darum Sex zu haben. Sondern auch darum einen Menschen zu kennen, dem man zu 100 % vertrauen kann. Und zwar blind.  Einen Menschen zu kennen, dem man nicht Misstrauen braucht, der immer für einen da sein wird und alle Entscheidungen gemeinsam getragen werden.
Aber die Dinge ändern sich. Und das ist ok, das ist gut. Nur so kann sich etwas weiterentwickeln. Was gestern vielleicht noch ein Tabuthema war, darüber spricht man heute offen und ehrlich ohne jegliches Schamgefühl.
Welches Extrem der beiden nun besser sein mag, darüber lässt sich streiten. Letztlich muss man nämlich beide Extreme einmal austesten um später einen geeigneten Mittelweg zu finden.

Über Jahre, wenn nicht sogar Jahrzehnte, wurde über das Thema Sex kein Sterbenswörtchen gesprochen. Es war nunmal eines der Tabuthemen. Aber mit jeder neuen Generation setzen auch Veränderungen ein. Nach und nach wurde immer offener und immer freier über das Thema geredet und diskutiert. Inzwischen sind wir sogar soweit, dass wir Liebe und Sex kaum noch voneinander unterscheiden können.
In einem Entwurf eines neuen Bildungsplans steht dann etwas von sexueller Vielfalt und nur kurze Zeit später heißt es, dass den Schülerinnen und Schülern bald gelehrt wird, was sie von einer Prostituierten alles erwarten könnten. Was natürlich ein Gerücht ist. Jeder hat den Begriff 'sexuelle Vielfalt' für sich interpretiert, wobei einige natürlich ausschließlich an den Geschlechtsverkehr an sich gedacht haben. Tatsächlich gemeint war mit sexueller Vielfalt aber, den Kindern und Jugendlichen zu zeigen, dass man sich nicht unbedingt in das andere Geschlecht verlieben muss. Gemeint war aufzuzeigen, dass es eben nicht nur Heterosexuelle, sondern auch Homosexuelle oder Transgender gibt. Und es eben keine Schande ist, wenn man so empfindet.
Die Debatte um den Bildungsplan - Worum geht es?
Aber die Macht, die ein einzelnes Wort hat, ist manchmal nicht zu überblicken. Allein schon die Tatsache, dass in dem Entwurf eines Bildungsplans das Wort 'sexuell' auftaucht, scheint viele verstört zu haben. Kaum sind die magischen drei Buchstaben gefallen, schon kreisen die Gedanken nur noch um das Thema Sex. Daran zu denken, was sich der Autor des Schriftstückes bei dieser Wortwahl vielleicht noch gedacht haben könnte, spielt wohl keine Rolle.

Machmal ist es schon erschreckend wie sehr man doch auf seine Wortwahl achten muss, um genau das auszudrücken, was man möchte. Sogar wenn es nur ein erster Entwurf, ein möglicher Lösungsansatz ist, an dem man noch Verbesserungen durchführen kann und muss.



Montag, 21. September 2015

Ewiges Leben

Es ist ein uralter Menschheitstraum. Ein Wunschdenken jedes einzelnen von uns. Jeder hat schonmal darüber nachgedacht, wie es wäre ewig zu leben.
Ewiges Leben, dass ist auch Glaubensinhalt aller Religionen. Es bezeichnet den Seins-Zustand, in dem ein Lebewesen nie stirbt bzw. durch den das Leben mit dem biologischen Tod nie endet.

Aber was bedeutet es ewig zu leben? Hat das ewige Leben wirklich nur Vorteile? Will ich tatsächlich niemals sterben können? Hat man nicht irgendwann genug gesehen? Muss nicht irgendwann auch mal gut sein? Endet nicht alles irgendwann einmal?

Die Frage nach dem ewigen Leben. Etwas, worüber sich ganze Generationen schon den Kopf drüber zerbrochen haben. Es gibt verschiedene Blickwinkel auf dieses Thema und niemand kann die Frage zu 100 Prozent beantworten. Ein Restzweifel bleibt immer bestehen.
Aus religiöser Sicht ist das ewige Leben nicht nur der verbleib auf der Erde. Mit dem ewigen Leben wird hier eher die Seele eines Menschen gemeint. Der Glaube an ein leben nach dem Tod. Einem weiteren Lebenszyklus - der Reinkarnation.
Wenn wir aber vom ewigen Leben sprechen, dann meinen wir meist auch unser eigenes. Wir wollen nicht wiedergeboren werden. Wir wollen unser derzeitiges Leben weiterführen. Wir wollen nicht auf dem Sterbebett liegen und darauf warten, dass es endlich vorbei ist.

"Es geht nicht darum ewig zu leben, Jacky. 
Der Trick ist ewig mit sich selbst leben zu können."

- Captain Teague (Pirates of the Caribbean 3)

Was wäre, wenn die Wissenschaft tatsächlich eines Tages ein Medikament oder eine Maschine entwickelt hätte, die ewiges Leben möglich mache? Wie viele Leute würden in den Genuss kommen ewig zu leben? Wäre es wirklich erstrebenswert? Würde es uns glücklich machen?
Ich bezweifele dies. Natürlich ist es ein unglaublich verlockendes Angebot nie mehr sterben zu müssen. Oder zumindest nicht an Altersschwäche. Ein Werbeslogan wie: "Mit uns werden Sie ewig Leben." ist natürlich verlockend. Ewig Leben. Zu sehen, wie sich die Menschheit in Zukunft entwickeln wird. Jeden Fortschritt zu sehen. Sowohl medizinisch als auch technisch. Jeden Winkel der Erde einmal zu sehen und eventuell sogar fremde Planeten. Ein solches Angebot ist wohl nur schwer abzulehnen.
Eines Tages wird man aber auch alles gesehen haben. Man wird vielleicht hunderte von Jahren alt sein. Man wird sämtliche Kriege miterlebt haben. Sehen, wie sich die Menschheit nach und nach vernichtet. Ein friedliches zusammensein wird wohl nie zustande kommen. Und eines Tages wird man feststellen, dass die Ewigkeit doch etwas zu lang ist. Man sieht Freunde, Bekannte und Verwandte sterben. Das Ewige Leben kann sich eben nicht jeder leisten. Denn hinter jeder neuen Errungenschaft steckt auch eine Lobby, die daran Geld verdienen möchte.
Plötzlich steht man ganz alleine da. Alt und grau. Man ist einer der ältesten Menschen dieser Zeit. Aber niemand nimmt einen so richtig wahr. Hier und da erscheint mal ein Artikel im Internet oder in der Zeitung. Aber man wird von niemandem mehr so richtig wertgeschätzt. Die alten Freunde werden alle schon längst verstorben sein. Die Trauer um alte Bekannte wird unendlich groß werden. Nach und nach wird man niemanden mehr haben mit dem man über die alten Zeiten reden kann. Sogar für die eigene Familie ist man nur noch eine Belastung. Man selbst gehört eben zu einer anderen Generation. Dinge, die in Zukunft modern, cool und hip sind, davon wird man selbst nichts mehr verstehen. Man selbst wird aus einer Zeit stammen, die man nur noch aus dem Geschichtsunterricht kennen wird.
Wieder einmal stellt man fest, dass die Ewigkeit doch sehr lange ist. Und eines Tages wird man sich die Frage stellen, ob es nicht besser wäre zu sterben. Ob es nicht endlich ein Ende haben sollte.

Donnerstag, 17. September 2015

K wie Kinder I ABC eines Schwulen


 Es ist eines der wenigen Wunder, die man als Mensch miterleben darf. Manchmal fragt man sich, wie so etwas überhaupt sein kann. Wie ist das möglich? Aus einer einzelnen Eizelle entsteht ein ganzer Mensch. Gerade einmal 9 Monate sind dazu nötig.
Aber damit nicht genug, denn die Schwangerschaft war nur zum warm werden. Nach der Geburt fängt es erst richtig an. Denn nun muss man immer ein Auge auf die Kinder werfen. Man muss sie füttern und wickeln. Wenn sie anfangen zu schreien, gehen sofort die Alarmglocken an. Denn niemand möchte, dass es dem eigenen Kind schlecht geht. Und so sucht man verzweifelt nach einer Lösung, warum das eigene Kind so am schreien ist. Mal hat es hunger. Ein anderes mal, will es einfach nur auf den Arm genommen werden. Doch am schlimmsten ist es, wenn das Kind schmerzen hat. Beispielsweise wenn es die ersten Zähnchen bekommt.
Doch all der Stress, die Wut und die Sorgen sind vergessen, wenn man diesem jungen Geschöpf in die Augen sieht. Wenn man dieses wunderschöne Lächeln sieht und man anhand der Reaktion erkennt wie sehr sich das eigene Kind doch gerade freut. Es ist ein wunderschönes Gefühl, wenn ein Säugling nach der Hand greift und es mit seinen eigenen kleinen Patschhändchen gerade einmal schafft den kleinen Finger zu umschließen.

Kinder zu bekommen, oder besser gesagt Kinder zu haben, dass war auch ein Traum von mir. Lange Zeit habe ich mir meine Zukunft immer so ausgemalt, dass ich eine Frau und Kinder habe. Dass ich ein Haus besitze und ein Auto. Dass ich einen Job habe der mir Freude bereitet und ich genug Geld verdiene.
Aber wie gesagt, es war ein Traum. Ein Traum, der sich wohl nie bewahrheiten wird. Der wie eine Seifenblase in der Luft zerplatzte. Vom einen in den anderen Moment war alles anders. Als würde eine Welt zusammenbrechen.
Der Grund: Mein inneres Coming Out. Ich hatte endlich selbst den Mut und die Erkenntnis mir einzugestehen, dass ich schwul bin. Plötzlich wurde mir klar, dass ich eben nicht zu all den Menschen gehöre die auf das andere Geschlecht stehe. Mir wurde klar, dass mein ganzes bisherige Leben aus einer einzigen Lüge bestand. Alles beruhte nämlich auf der Tatsache, dass ich hetero sei.

Inzwischen hat sich aber alles wieder etwas gelegt. Ein Traum mag zerplatzt sein, aber wer sagt, dass man nicht auch einen anderen Traum haben darf. Eine Welt ging für mich unter, doch gleichzeitig entstand eine Andere, eine schönere Welt. Eine Welt in der es egal ist ob du homo oder hetero bist. Eine Welt, in der es kein Unterschied macht, ob du dich nun als Mann oder als Frau fühlst. Eine Welt, in der das Außergewöhnliche als Bereicherung gesehen wird und nicht als Schande.
Ebenso wie mir wird es wohl auch manch anderen das Coming Out erstmal getroffen haben. Man muss selbst erstmal lernen damit umzugehen. Man muss sich selbst erstmal mit dem Thema auseinandersetzen. Homosexualität ist nunmal ein Tabuthema, wozu sich viele nicht gerne äußern.
In den letzten Jahren hat sich aber auch einiges positiv für LGBT-Menschen entwickelt. Das darf man nie vergessen. Aber gleichgeschlechtlichen Paaren ist es auch heute noch untersagt ein Kind wie ein heterosexuelles Paar zu adoptieren. Dabei gibt es diverse Statistiken und Gutachten, welche keinen Nachteil zeigen, wenn ein Kind bei gleichgeschlechtlichen Paaren aufwächst. Und dennoch wehren sich viele gegen die die vollkommene Gleichstellung von homo und hetero Paaren. Auch unser Gesetzgeber, der einiges bewirken könnte.

Montag, 14. September 2015

Fehler 1043!


Kennt ihr das Gefühl einen Fehler begangen zu haben? Ich meine nicht die kleinen Fehler, bei denen man einfach sagen kann: "Ist passiert und beim nächsten Mal passe ich besser auf." Nein, ich meine die großen Fehler, über die man sich tagelang ärgert. Fehler, wo wir genau wissen dass es falsch ist, es aber dennoch tun. Wieso? Weil wir in diesem einen Moment keinen Gedanken daran verschwenden, was wir eigentlich da tun. Weil wir keinen anderen Rat wissen. Weil wir manchmal nur schlechte Entscheidungen treffen können.

Jeder wird wohl das Sprichwort "Das Leben ist kein Ponyhof" kennen. Wenn man aber mal genauer darüber nachdenkt, so ist dieses Sprichwort vollkommen falsch. Besser würde passen: "Das Leben ist ein Ponyhof." Wir sind schließlich nicht zu besuch um die ganzen Ponys zu streicheln, zu füttern, auszuführen und eventuell sogar zu reiten. Nein, wir sind auf dem Ponyhof, weil wir uns um alles kümmern müssen. Wir arbeiten nämlich hier. Wir stehen morgens früh auf, gehen in den Stall, kümmern uns um die Tiere, geben ihnen zu essen und zu trinken. Und nicht nur morgens. Nein auch Mittags und Abends. Zudem helfen wir noch während der Schwangerschaft, dass es dem betreffenden Tier auch gut geht. Nach der Geburt kümmern wir uns auch noch um das Jungtier. Wir sind also die Mutter für alles.
Aber wenn wir sagen, dass wir auf einem Ponyhof arbeiten, dann sehen viele nur die schönen Seiten des Jobs. Die Leute sehen immer nur wie süß diese kleinen Ponys sind. Sie sehen nur wie toll es ist diese Tiere zu füttern und zu streicheln. Sie sehen, die tollen Reitstunden, aber was da für eine Arbeit drin steckt den kompletten Hof zu unterhalten sieht kaum jemand. Niemand sieht, dass das Stalltor dringend mal repariert werden muss. Niemand sieht, dass die Tiere täglich raus auf die Weide gebracht werden müssen. Niemand sieht, dass man als Gutsbesitzer einen 24/7 Job erledigt, dass man keinen Urlaub einfach so machen kann. Gesehen werden nämlich immer nur die schönen Seiten.
"Manchmal sind die einzigen Entscheidungen, die wir treffen können, schlechte. Das schlimme ist, wir müssen uns entscheiden"
Ähnlich wie bei dem Ponyhof, scheint es auch bei dem eigenen Leben zu sein. Nicht nur, dass wir selbst für unser Tun und Handeln verantwortlich sind und dafür sorgen, dass unser eigener Organismus gesund ist und fortbesteht. Nein, es scheint auch, dass jeder immer nur die schönen Seiten unseres Lebens betrachtet. Niemand scheint auch mal darüber nachdenken zu wollen, dass mein Gegenüber vielleicht gerade eine schwere Zeit durchlebt, dass er gerade vollkommen überfordert mit der Gesamtsituation ist, dass er alles macht und tut um mehr Anerkennung zu erhalten, doch es scheint niemanden zu interessieren. Es scheint, als ob es normal sei, dass man alles gibt, dass jede Leistung die man erbringt als selbstverständlich angesehen wird. Man kann machen und tun was man will, doch nie reicht es aus. Sogar in der eigenen Familie. Auch hier scheint es niemand zu würdigen, dass man sich in der Schule anstrengt. Niemand sieht, dass man nun aktiver im Haushalt hilft. Niemand scheint zu merken, dass man darauf achtet weniger zu essen, um abzunehmen. Niemand scheint die neue Frisur zu würdigen. Keiner sieht, dass man nun etwas mehr Sport treibt, weil man etwas an seinem Körper verändern möchte. Was es auch sein mag, alles scheint falsch zu sein.
Alles ist falsch. Ich kann nichts richtig machen. Mich nimmt so wie so keiner wahr.
Aber wir wollen wahrgenommen werden. Das Leben hat nämlich erst einen Sinn, wenn wir es mit anderen teilen. Wenn wir wissen, dass andere Interesse an uns und unserem Leben haben. Wenn es aber nicht der Fall ist, so versuchen wir auf anderen Wegen das Interesse an uns und unserem Leben zu steigern. Und dafür begehen wir auch gerne mal den ein oder anderen Fehler. Sogar wenn er riesengroß ist und wir genau wissen dass es falsch ist.

Donnerstag, 10. September 2015

J wie Jugend I ABC eines Schwulen

Früher war alles besser!

Ein bekannter Satz, den wohl jeder schon gehört hat. Wenn ich aber einen bekannten Comedian sinngemäß zitieren darf, so stimmt das nicht ganz. Denn früher war alles früher, aber noch lange nicht besser. Wir können aber aus unserer Vergangenheit lernen und zumindest versuchen es besser zu machen. Vor allem wenn wir sehen, dass etwas falsch läuft.

Ich selbst bin noch nicht sonderlich alt, aber dennoch weiß ich, dass hier und da ein paar Verbesserungen nötig sind. Ich selbst habe beispielsweise relativ lange gebraucht um überhaupt zu begreifen, dass ich nicht hetero bin. Überall um mich herum wurde sich immer nur darüber unterhalten, dass man als Mann eine Frau hat und umgekehrt. Dass es auch homosexuelle oder transsexuelle Menschen gibt, davon war nie die Rede. Ich bin aber auch in einem Gebiet aufgewachsen, in dem man fast ausschließlich nur heterosexuelle Menschen sieht. Der Gedanke, dass ich schwul sein könnte kam mir also nie in den Sinn. In meiner kindlichen Naivität gab es einfach keine gleichgeschlechtlichen Paare.
Den Gedanken, wie es wäre mit einem Jungen / einem Mann zusammen zu sein, hatte ich schon immer. Jedoch habe ich mich selbst nie näher damit beschäftigt und das Ganze eher verdrängt, sodass ich auch mein inneres Coming Out erst spät hatte. Im Nachhinein würde ich sagen mir fehlte eine Bezugsperson, die mir sagte, dass es auch LGBT-Menschen gibt und dieses auch vollkommen normal sei.
Selbst im Aufklärungsunterricht ging es nur um die Liebe zwischen Mann und Frau. Nie wurde darüber gesprochen, dass es auch Schwule, Lesben und Transgender gibt. Sowohl diese Information, als auch die AUFKLÄRUNG, dass es normal ist wenn sich zwei Männer oder zwei Frauen lieben fehlte komplett.
Die Folgen: Wörter wie "schwul", "Schwuchtel", "Homo" und "Homofürst" wurde als Schimpfwort oder als Ausdruck allen Übels benutzt. Auch die diversen Lehrer haben nichts dagegen unternommen. Vielleicht auch weil sie selbst nicht wussten, wie sie es anstellen sollten.
Inzwischen gibt es aber genug Vereine und Verbände, die ihre Hilfe anbieten und sogar extra Workshops für Schulen anbieten. Man muss nur den Kontakt aufbauen.

Den LSVD (Lesben- und Schwulenverband) gibt es seit dem 18.02.1990. Es gibt ihn also seit 25 Jahren. Der Verein ist demnach gerade mal zweieinhalb Jahre älter als ich selbst. In dieser Zeit hat sich der Verein für die Rechte von LGBT-Menschen bundesweit eingesetzt und auch schon einiges erreicht.
Leider tun sich aber auch heute noch relativ viele schwer damit sich zu outen. Nicht nur, weil schwul oder Schwuchtel auch heute noch als Schimpfworte benutzt werde, sondern auch, weil das Themengebiet LGBT nur selten im Unterricht behandelt werden.

Montag, 7. September 2015

Mauern in unserem Kopf

Am 05. November ist es soweit. Der neue James Bond kommt in die Kinos. Zum vierten mal wird Daniel Craig als 007 auf der Leinwand zu sehen sein. Auch wenn dies im Vergleich nicht sonderlich lange ist, so wird dennoch darüber diskutiert, wer wohl der nächste Bond-Schauspieler sein könnte.

Jüngst hat sich das Bond-Urgestein Pierce Brosnan eingeschaltet. In einem Interview mit dem Männermagazin "Details" sagte er, er könne sich sehr wohl einen schwarzen oder auch einen schwulen Bond vorstellen. Allerdings glaube er, dass die Produzentin Barbara Broccoli einen schwulen Bond nicht auf die Leinwand lasse. Damit offenbarte Brosnan auch, wie festgefahren die Strukturen im Hollywood-Geschäft seien.
In diesem Zusammenhang begrüßte Brosnan die Entscheidung seiner Landsleute, die sich im Mai für die Gleichstellung der Homo-Ehen ausgesprochen hatten. "Genug des Schämens. Es ist ein großartiges Zeichen des zukunftsorientierten Denkens für eine Nation, die so von der Religion geschunden wurde."

Ob der nächste Bond nun schwarz oder schwul oder vielleicht beides wird, steht in den Sternen. Pierce Brosnan hatte jedenfalls den Rat: "Lassen Sie uns zunächst mit einem großartigen schwarzen Schauspieler als James Bond beginnen." Gemeint war damit Idris Elba, der schon seit einiger Zeit im Gespräch ist der neue 007 zu werden.
Die Bond-Kollegen scheinen das aber nicht so zu sehen. Roger Moore hatte in der Vergangenheit schon für einigen Wirbel gesorgt. Er sagte dem Blatt "Paris Match": Ein schwarzer Bond sei zwar eine 'interessante Idee', aber unrealistisch.
Ian Fleming, dem Autor des original Bonds zufolge, ist der Geheimagent der Sohn eines Schottischen Vaters und einer Schweizer Mutter. Seine frühe Kindheit verbrachte er demnach im Ausland. Mit elf Jahren verwaist, lebte er dann bei einer Tante im Südosten Englands und wurde später in Edinburgh ausgebildet.

Bedeutet das nun, dass James Bond weder schwarz noch schwul sein darf? Muss der Doppelnullagent wirklich von einem Engländer gespielt werden? Muss er tatsächlich europäisch aussehen? Wäre es wirklich so falsch unseren großartigen 007 als schwarzen darzustellen? Ist das so unrealistisch einen Schwarzen in England, Schottland oder Irland aufwachsen zu sehen? Und wenn wir schon bei unrealistisch sind, wie erklärt man die vielen verschiedenen Gesichter des James Bond?

Wir alle haben es mit Vorurteilen zu tun. Wir haben feste Meinungen und Weltbilder. Uns wird etwas gesagt und sofort entsteht ein Bild in unserem Kopf. Wir sehen einen Moslem und das erste an das wir denken ist Krieg, Terror und Zerstörung. Auch ich kann mich davon nicht freisprechen. Wir hören einen Namen und schon beginnen wir uns diese Person im Geiste vorzustellen.
James Bond zum Beispiel. Für ganze Generationen ist es ein weißer gutaussehender Mann, der schon diverse Damen an seiner Seite hatte. Er ist immer gut gekleidet, meist im schwarzen Anzug. Sein Lieblingsgetränk ist Martini, geschüttelt nicht gerührt. Er ist Geheimagent, im Dienste ihrer Majestät der Königin von England mit der Lizenz zu töten. Wenn der Name James Bond ertönt oder sein Kürzel 007, dann denken wir an Pierce Brosnan, Roger Moore oder Sean Connery. Die jüngeren wahrscheinlich eher an Daniel Craig, wobei dieser dem Bond-Image schon einen neuen schliff verpasst hat. Hier und da haben sich auch welche über diesen Imagewandel beschwert, aber letztlich wurde er doch als einer der Bonds anerkannt. Warum sollte er sonst nun zum vierten mal als 007 auf der Leinwand erscheinen?
Raphael Holzdeppe
Justin Gatlin
Aber gut das ist ein Beispiel, kann also auch eine Ausnahme sein. Aber ist es das, eine Ausnahme? An wen denken wir beispielsweise bei Thomas Müller, dem Durchschnittsdeutschen? Oder wie sieht es mit Raphael Holzdeppe, Justin Gatlin oder Mohamed Farah aus?
Mohamed Farah
Letztere sind alle drei schwarze. Sie sind bei der Leichtathletik-WM 2015 angetreten. Raphael Holzdeppe ist deutscher, Justin Gatlin ist Amerikaner und Mohamed Farah ist Brite. Wäre man diesen dreien auf der Straße begegnet, hätte wohl niemand mit solchen Namen oder gar diesen Nationalitäten gerechnet. Oder?


Donnerstag, 3. September 2015

I wie Infektionen I ABC eines Schwulen




HIV/Aids, Hepatitis A/B, Tripper, Chlamydien, Syphilis... die Liste an sexuell übertragbaren Infektionen (STI) scheint unendlich lang. Wer sich da sorgen über eine mögliche Ansteckung macht, kann schnell mal die Lust verlieren. Dazu gesellt sich die Angst vor dem Arztbesuch oder besser gesagt die Angst vor dem Testergebnis. Die Angst, dass das Ergebnis doch positiv sein könnte.
Aber warum habe wir diese Angst? Was lässt uns davor zurückweichen einen Test zu machen? Ist es die Angst bewusst mit einer Krankheit leben zu müssen? Sind es die möglichen Veränderungen in unserem Leben? Oder doch etwas anderes?

Eigentlich ist es ganz einfach. Man geht zum Arzt, lässt sich auf die verschiedenen STI's untersuchen und wartet auf das Testergebnis. Je nachdem ob dieses nun positiv oder negativ ausfällt, kann man weitere Schritte einleiten. Wobei ein negatives Resultat natürlich immer am Besten ist. Zudem sollte man nie unterschätzen: Je früher eine Krankheit bzw. eine Infektion erkannt wird, desto größer sind auch die Chancen einer vollständigen Genesung.
Und dennoch fürchten sich viele vor dem Gang zum Arzt. Die Angst vor dem Testergebnis scheint gigantisch zu sein. "Wenn man es mir nicht ansieht, kann ich auch nicht krank sein." So scheinen viele zu denken. Was auch nachvollziehbar ist, denn warum sollte ich mich Tag für Tag mit dem Gedanken rumschlagen, dass ich HIV oder andere STI's habe. Es ist doch immer gut gegangen.
Natürlich kann es bisher immer gut gegangen sein, aber was sagt meine Vergangenheit schon über meine Zukunft aus? Und wenn es schon immer gut ging, ist es dann nicht an der Zeit auch mal etwas schlechtes zu erleben?
Ich will hier niemandem irgendeine Infektion oder Krankheit wünschen, es hat schließlich niemand verdient. Aber ist es nicht so, dass wir die guten und schönen Dinge im Leben erst richtig wertschätzen, wenn wir auch die negativen Dinge einmal erlebt haben?

Mein erster Post auf diesem Blog befasst sich mit dem Thema Sterbehilfe. Zu diesem Zeitpunkt wieder ein aktuelles Thema, da sich eine krebskranke Frau dazu entschieden hatte am 01.11.2014 zu sterben. Dazu zog sie extra nach Oregon, da dort die aktive Sterbehilfe erlaubt ist.
Eine halbes Jahr zuvor habe ich selbst miterlebt, wie eine gute Bekannte an Krebs gestorben war. Sie hat immer und immer weiter gekämpft und hat schließlich ein halbes Jahr länger gelebt, als es die Ärzte vorhergesagt hatten. Eine erstaunliche Leistung wie ich finde.
Aber was hat dies nun mit dem Thema oben zu tun? Krebs und STI's haben nun nicht so viele Gemeinsamkeiten. Auf diese kommt es mir aber auch nicht an. Es ist der Fall an sich, der das ganze zusammenfügt. Die Bekannte, um die es sich hier dreht, hatte nämlich auch Angst zum Arzt zu gehen. Über Wochen und Monate hinweg hat sie sich über Knötchen am Hals beschwert. Die Angst, dass es Krebs oder etwas ähnliches sein könnte, war für sie wohl enorm groß. Durch Zureden und Mut machen hatte sie sich dann endlich dazu entschlossen zum Arzt zu gehen. Diagnose: Krebs, Metastasen im ganzen Körper. Die Entscheidung zu warten und zu hoffen, dass eventuell doch alles in Ordnung ist, war wohl falsch gewesen.
Vielleicht wäre sie heute noch am Leben. Vielleicht hätte sie den Krebs besiegen können. Man weiß es nicht. Ihr deshalb einen Vorwurf machen will und kann ich ihr nicht machen. Ich glaube nämlich, dass ich in der Situation ganz ähnlich reagiert hätte.
Dieser Vorfall regt aber auch zum nachdenken an. Vor allem, wenn man das Ganze live miterleben konnte. Der Besuch beim Arzt wird plötzlich in ein ganz anderes Licht gerückt. Das Testergebnis wird nicht mehr als mögliche Horror-Nachricht gesehen, sondern als Chance eine Krankheit zu erkennen und zu bekämpfen. Und wenn die Tests regelmäßig stattfinden, kann eine Infektion sogar frühzeitig behandelt werden. Die Denkweise hat sich also komplett geändert.
Liegt darin vielleicht die Angst? Dass man eben nicht mehr als gesunder Mensch gilt? Dass der Besuch beim Arzt automatisch eine Krankheit voraussetzen muss?