Im Moment habe ich wieder eine Phase, in der ich verstärkt in meinen Erinnerungen verweile. Dazu gehören auch die Zeiten, in denen ich selbst noch nicht so recht wusste, wer ich überhaupt war oder was ich überhaupt wollte. Ich dachte mir einfach: irgendwie wird schon alles klappen. Bis jetzt hat es das auch, wenn man mal von der ein oder anderen Hürde in meinem Leben absieht.
Eine der größte Hürden war wohl mein schwul sein anzuerkennen. Ich ging einfach davon aus, dass es nicht richtig sei. Sonst wäre es schließlich in irgendeiner Form auch mal thematisiert worden. Aber das wurde es nicht. Wenn doch, dann habe ich es immer als negativ empfunden. Ich wollte nicht etwas negatives verkörpern, also verbannte ich das Thema Homosexualität aus meinem Kopf.
"Jack Sparrow hast keine Ahnung was du willst.
Oder weißt du es doch? Bist aber zu unwillig es als
dein Eigen an zu erkennen. Hm?"
- Pirates of the Caribbean 2
Im nach hinein ärgere ich mich über diesen Schritt. Ich habe meine eigenen Gefühle unterdrückt. Ich habe meine eigenen Bedürfnisse zurückgestellt, nur weil es angeblich eine Schande ist, dass sich zwei Männer lieben. Indirekt wurde mir so verboten ich selbst zu sein bzw. meine eigene Persönlichkeit auszuleben. Dabei steht doch im Grundgesetz: "Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer Verletzt."
Wenn ich an die damalige Zeit zurück denke, gab es schon recht früh Anzeichen dafür, dass ich schwul war. Aber wie gesagt, ich ignorierte sie. Denn genau wie jeder andere Mensch auch, bin auch ich davon ausgegangen eine Hete zu sein. Auch ich dachte, dass meine Gefühle für das gleiche Geschlecht nur eine vorübergehende Phase sein würden. Ich war mir sicher, eines Tages würde ich eine Freundin haben.
Es handelte sich tatsächlich nur um eine Phase. Darin ging es auch um die alles entscheidende Frage: "Bin ich schwul?" Eben die Frage, vor der man sich ein wenig fürchtet, auch wenn man das nicht muss. Ich habe die Frage, die mein Leben veränderte beantwortet. Die Phase war eben nicht, homosexuelle Neigungen zu haben, sondern eher heterosexueller. Ich wollte mich eben nicht mit dem Gedanken anfreunden, dass ich schwul sein könnte. Letztlich habe ich es aber doch geschafft. Also: "Ja, ich bin schwul."
Die Antwort hat lange auf sich warten lassen. Aber niemand weiß, was ich in dieser Zeit alles durchgemacht habe. Niemand weiß, mit welchen Ängsten und Sorgen ich zu kämpfen hatte. Solange dass der Fall ist, sollte sich auch niemand ein Urteil darüber erlauben. Wir sind alles Individuen. Wir leben alle unser eigenes Leben. Und wir haben unsere eigene Vergangenheit, mit der wir leben müssen.
Manchmal stelle ich mir natürlich die Frage was wäre wenn. Aber wer kann solche Fragen schon mit Gewissheit beantworten. Vielleicht wäre die Alternative ja schlimmer ausgegangen.
Ich habe mir nicht ausgesucht schwul zu sein. Ich habe es nur eines Tages als mein Eigen anerkannt. Diesen Schritt zu gehen ist nicht immer ganz leicht, dass weiß ich nur zu gut. Wenn man ihn aber erstmal gegangen ist, ist es mit das Beste, was einem passieren kann. Und dass kann wahrlich jedem widerfahren.
"Ich wünsche mir nur, dass sich mehr Gleichgesinnte outen.
Es ist schön hier draußen wisst ihr?!"
- Elton John
Man kann sein Leben auf zwei Arten führen. Entweder man geht jeder noch so unangenehmen Situation aus dem weg und wird dabei nie richtig glücklich. Oder man stellt sich den Hürden im Leben, wächst an seinen Aufgaben, durchläuft vielleicht sogar die Hölle auf Erden, aber am Ende ist man glücklich.
Würdest du es tun? Hm? Was würdest du? Hm? Was würde jeder von euch dafür tun? Hm?
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